Informationen für Schuldner in einem Insolvenzverfahren

Photo by John Schnobrich on Unsplash
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Wie kann ich einen Insolvenzantrag stellen?

Bei Zahlungsunfähigkeit kann der Schuldner beim zuständigen Insolvenzgericht auf dem amtlich vorgeschriebenen Formular einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder des Verbraucherinsolvenzverfahrens stellen.

 

Verbraucher müssen vor der Antragstellung versuchen, sich mit den Gläubigern außergerichtlich durch einen Schuldenbereinigungsplan zu einigen. Erst wenn diese Einigung gescheitert ist, kann der Insolvenzantrag gestellt werden. Das Scheitern dieses Einigungsversuches muss durch eine geeignete Stelle (z.B. die Schuldnerberatungsstellen oder einen Rechtsanwalt) bescheinigt werden. Ein Antrag auf Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens ohne die Durchführung einer außergerichtlichen Schuldenbereinigung ist unzulässig.

 

Dem Antrag sind die Anlagen beizufügen, insbesondere das Gläubigerverzeichnis, der außergerichtliche Schuldenbereinigungsplan sowie die Bescheinigung über dessen Scheitern.

Welche Art des Insolvenzverfahrens triff auf mich zu?

Unterschieden wird zwischen der Insolvenz einer natürlichen Person und der Insolvenz einer juristischen Person bzw. Handelsgesellschaft (z.B. GmbH, KG, OHG, GbR).

 

Schuldner, die nicht unternehmerisch tätig waren oder sind, durchlaufen ein Verbraucherinsolvenzverfahren (sog. IK-Verfahren). Gleiches gilt für Schuldner, die zwar selbstständig tätig waren, deren Vermögensverhältnisse aber überschaubar sind (in der Regel weniger als 20 Gläubiger) und gegen die keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen.

 

Schuldner, die selbstständig tätig sind oder tätig waren und die vorgenannten Kriterien nicht erfüllen, durchlaufen ein Insolvenzverfahren (sog. IN-Verfahren).  

 

Unabhängig davon, ob ein IK-Verfahren oder IN-Verfahren durchgeführt wird, erhalten natürliche Personen unter bestimmten Voraussetzungen die Restschuldbefreiung.

Welche Phasen durchläuft ein Insolvenzverfahren bis zur Restschuldbefreiung?

Nach einem zulässigen Insolvenzantrag eröffnet das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren und bestellt einen Insolvenzverwalter / eine Insolvenzverwalterin (bei IN-Verfahren) bzw. einen Treuhänder / eine Treuhänderin (bei IK-Verfahren).

 

Grob lässt sich das gesamte Verfahren in das eröffnete Insolvenzverfahren und die Wohlverhaltensphase einteilen.

 

Im eröffneten Insolvenzverfahren geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das dem Insolvenzbeschlag unterliegende Vermögen auf den Insolvenzverwalter über. Der Insolvenzverwalter verwertet das pfändbare Vermögen und zahlt den Erlös auf ein Insolvenz-Sonderkonto ein. 

 

Nach Abschluss der Verwertung legt der Insolvenzverwalter dem Insolvenzgericht seinen Schlussbericht vor. Das Insolvenzgericht genehmigt die Schlussverteilung. Aus dem Guthaben des Insolvenz-Sonderkontos werden die Verfahrenskosten beglichen. Verbleibt ein Guthaben, wird es an die Insolvenzgläubiger verteilt. Nach Vollzug der Verteilung hebt das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren auf. Mit der Aufhebung endet das Amt des Insolvenzverwalters.

 

Nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens schließt sich die sog. Wohlverhaltensphase bzw. Restschuldbefreiungsphase an. Üblicherweise bestellt das Insolvenzgericht den bisherigen Insolvenzverwalter zum Treuhänder. Die Dauer der Wohlverhaltensphase entspricht der Laufzeit der Abtretungserklärung. Mit der Erteilung (oder Versagung) der Restschuldbefreiung endet die Wohlverhaltensphase. 

Was bedeutet die Kostenstundung?

Kann ein Schuldner die Verfahrenskosten nicht bezahlen, gewährt ihm das Insolvenzgericht auf Antrag die Stundung der Verfahrenskosten bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung. Der Schuldner muss hierzu selbst einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen, verbunden mit dem Antrag auf Kostenstundung. Ist genügend Insolvenzmasse vorhanden, werden die Verfahrenskosten hieraus beglichen. Reicht die Insolvenzmasse nicht aus, müssen die (verbleibenden) Verfahrenskosten vom Schuldner nach Beendigung der Wohlverhaltensphase an die Staatskasse bezahlt werden. Ratenzahlungen werden auf Antrag gewährt. 

Was bedeutet die Restschuldbefreiung?

Die Gewährung der Restschuldbefreiung durch das Insolvenzgericht führt dazu, dass die Gläubiger ihre Forderungen gegen den Schuldner nicht mehr geltend machen können.

 

Die Restschuldbefreiung kann nur für solche Verbindlichkeiten erlangt werden, die im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung begründet waren. Diese Verbindlichkeiten nennt man Insolvenzforderungen. Werden Verbindlichkeiten nach Insolvenzeröffnung begründet, handelt es sich nicht um Insolvenzforderungen. Für diese (neuen) Verbindlichkeiten kann keine Restschuldbefreiung erteilt werden.

 

Die erteilte Restschuldbefreiung gilt gegenüber allen Gläubigern eines Schuldners, auch wenn sie ihre Insolvenzforderungen nicht im Insolvenzverfahren angemeldet haben. 

 

Der Schuldner kann nach Erteilung der Restschuldbefreiung einen wirtschaftlichen Neuanfang starten.

Muss ich einen Antrag auf Restschuldbefreiung stellen?

Die Erteilung der Restschuldbefreiung durch das Insolvenzgericht setzt einen Antrag des Schuldners voraus. Der Antrag sollte gleich zusammen mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt werden. Isolierte Restschuldbefreiungsanträge ohne einen Antrag auf Insolvenzeröffnung sind nicht zulässig. Fehlt ein Antrag auf Restschuldbefreiung, weist das Insolvenzgericht darauf hin. Dem Schuldner bleiben dann zwei Wochen Zeit, den fehlenden Antrag auf Restschuldbefreiung nachzureichen. 

 

Ohne einen Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung oder bei Versäumung der Frist zur Antragstellung wird dem Schuldner nach Abschluss des Insolvenzverfahrens keine Restschuldbefreiung erteilt. Die Gläubiger können wieder gegen den Schuldner vorgehen. 

 

Auch Gläubiger können gegen einen Schuldner einen Antrag auf Insolvenzeröffnung stellen. Will der Schuldner in den Genuss der Restschuldbefreiung kommen, muss er seinerseits (zusätzlich) einen eigenen Antrag auf Insolvenzeröffnung mit Restschuldbefreiung beim Insolvenzgericht stellen. Der Gläubigerantrag reicht allein nicht aus, um die Restschuldbefreiung zu erlangen. Das Insolvenzgericht verbindet beide Verfahren zu einem Insolvenzverfahren.

 

Mit dem Antrag auf Restschuldbefreiung ist zwingend eine Abtretungserklärung einzureichen. Mit dieser Abtretungserklärung werden die pfändbaren Beträge aus einem Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis oder an deren Stelle tretende Bezüge (z.B. Krankengeld, Arbeitslosengeld usw.) für den Zeitraum von drei Jahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens an einen vom Gericht bestimmten Treuhänder abgetreten.

 

Nach dem regulären Ablauf der Abtretungsfrist, nach drei Jahren, entscheidet das Insolvenzgericht über die Erteilung der Restschuldbefreiung.

Wie ist die Rechtslage bei Insolvenzeröffnungen vor dem 01.10.2020?

Wurde das Insolvenzverfahren vor dem 01.10.2020 eröffnet, beträgt die Laufzeit der Abtretungserklärung zwar sechs Jahre. In diesem Fall kann aber die Erteilung der Restschuldbefreiung vorzeitig erreicht werden.

 

Wenn von der Abtretungsfrist drei Jahre verstrichen sind und innerhalb dieser drei Jahre an den Treuhänder so viel Geld geflossen ist, dass damit der Ausgleich der Verfahrenskosten sowie 35 % der zur Insolvenztabelle festgestellten Forderungen möglich ist, kann die Restschuldbefreiung vorzeitig erteilt werden. Gleiches gilt, wenn von der Abtretungsfrist fünf Jahre verstrichen sind und die Verfahrenskosten bezahlt wurden.

Gibt es Regeln für die Erlangung der Restschuldbefreiung?

Damit nach Ablauf der Abtretungsfrist die Restschuldbefreiung erteilt werden kann, muss sich der Schuldner an bestimmte Regeln halten.

 

Im eröffneten Insolvenzverfahren sind dies u.a. die sog. Auskunfts- und Mitwirkungspflichten. Der Schuldner muss dem Treuhänder sämtliche für das Insolvenzverfahren relevanten Sachverhalte unaufgefordert mitteilen. Zudem darf er im Insolvenzantrag keine unrichtigen oder unvollständigen Angaben über seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie über die Gläubiger und die Verbindlichkeiten gemacht haben.

 

Im Insolvenzverfahren und in der Wohlverhaltensphase besteht für den Schuldner eine Erwerbsobliegenheitsverpflichtung. Der Schuldner muss eine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben. Wenn er ohne Beschäftigung ist (z.B. arbeitslos), hat er sich um eine angemessene Erwerbstätigkeit zu bemühen und darf keine zumutbare Tätigkeit ablehnen. Die Bemühungen sind nachweisen.

 

In der Wohlverhaltensphase hat der Schuldner weitere Obliegenheiten zu erfüllen. Neben der Erwerbsobliegenheitsverpflichtung ist dies vor allem die Verpflichtung, die Hälfte des durch Erbschaft oder Schenkung erlangten Vermögens sowie sämtliche Gewinne an den Treuhänder herauszugeben. Zudem muss jeder Wechsel des Wohnsitzes und der Arbeitsstelle beim Treuhänder und beim Insolvenzgericht angezeigt werden. Dem Treuhänder und dem Insolvenzgericht ist auf Verlangen Auskunft über das Vermögen und das Einkommen zu erteilen.

 

Der Schuldner darf in dieser Zeit keine unangemessenen Verbindlichkeiten begründen.

 

Verstößt ein Schuldner gegen diese Auflagen, kann auf Antrag eines Insolvenzgläubigers die Restschuldbefreiung vom Insolvenzgericht versagt werden.

Sind bestimmte Forderungen von der Restschuldbefreiung ausgenommen?

Unabhängig von einer Versagung der Restschuldbefreiung kann für bestimmte Verbindlichkeiten keine Restschuldbefreiung erlangt werden. Dies sind zum Beispiel:

  • Verbindlichkeiten aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung;
  • Verbindlichkeiten aus rückständigem Unterhalt, der vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährt wurde;
  • Verbindlichkeiten aus einem Steuerschuldverhältnis, sofern im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat eine rechtskräftige Verurteilung erfolgt ist:
  • Geldstrafen und gleichgestellte Verbindlichkeiten (z.B. Bußgelder);
  • Verbindlichkeiten aus zinslosen Darlehen, die zur Begleichung der Verfahrenskosten gewährt wurden.

Diese von der Restschuldbefreiung ausgenommenen Forderungen müssen durch den jeweiligen Gläubiger mit dem Hinweis "als von der Restschuldbefreiung ausgenommene Forderungen" zum Insolvenzverfahren angemeldet werden.

Was kostet ein Insolvenzverfahren?

Neben den Gerichtskosten fallen Kosten für den Insolvenzverwalter und für den Treuhänder in der Wohlverhaltensphase an.

 

Die Kosten orientieren sich an der Höhe der Insolvenzmasse, also an den Einnahmen des Insolvenzverwalters aus der Verwertung. Hiervon erhält der Insolvenzverwalter nach der Insolvenzverwalter-Vergütungsverordnung einen bestimmten Prozentsatz. 

 

Dem Insolvenzverwalter steht in massearmen Insolvenzverfahren eine Mindestvergütung zu. Die Mindestvergütung richtet sich nach der Anzahl der anmeldenden Gläubiger. Haben nicht mehr als zehn Gläubiger Forderungen angemeldet, beträgt die Mindestvergütung 1.400 € zzgl. Umsatzsteuer und Auslagen.

 

Der Treuhänder in der Wohlverhaltensphase erhält eine jährliche Mindestvergütung von 140 € zzgl. Umsatzsteuer.

Können Gläubiger während des Verfahrens gegen mich vorgehen?

Während der Dauer des Insolvenzverfahrens und der sich danach anschließenden Wohlverhaltensphase  sind Zwangsvollstreckungsmaßnahmen für Insolvenzgläubiger untersagt.

Wird das Insolvenzverfahren in der SCHUFA vermerkt?

Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, die Aufhebung des Insolvenzverfahrens und die Erteilung der Restschuldbefreiung wird von der SCHUFA erfasst.


Informationen über Insolvenzverfahren und Restschuldbefreiungsverfahren müssen drei Jahre nach Beendigung des Insolvenzverfahrens bzw. Erteilung der Restschuldbefreiung von der SCHUFA gelöscht werden. 

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